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Andacht zu Ostern

Liebe Leserinnen und Leser!

Ostern feiern mit angezogener Handbremse oder mit gezogener „Notbremse“, wie es viele Politiker gerade fordern. Am besten fünf Tage am Stück als „Ruhetage“ einlegen oder doch nicht?! Und was ist mit den Schulen und Kindergärten? Wie geht es da weiter? Der Einzelhandel, der gerade zaghaft öffnen durfte, muss nun wieder schließen. Auf der anderen Seite haben wir die Bilder von der außer Kontrolle geratenen Großdemonstration in Kassel vor Augen. Manche können nicht verstehen, warum sie kein Ferienhaus an der Nordsee mieten dürfen, aber eine Flugreise an die Balearen ist erlaubt. Manche politische Entscheidung und Forderung der letzten Tage können viele nur schwer nachvollziehen. Vertrauen ist verloren gegangen, weil sich einzelne Politiker sogar noch an Geschäften mit Atemmasken bereichert haben. Das tut unserem Land nicht gut. Außerdem können viele nicht verstehen, warum die Impfungen in Deutschland nicht schneller vorankommen. Denn das ist ja für die Zurückdrängung des Virus entscheidend. Wann werden sich Gemeindekreise wieder treffen dürfen? Auf die Ausrichtung von Präsenzgottesdiensten haben wir seit Januar freiwillig verzichtet. Vielen fehlt die Begegnung und das Gespräch mit anderen. Denn wir Menschen sind als soziale Wesen darauf angewiesen.

Manches ärgert mich gerade. Über vieles kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Da hilft es einmal tief Luft zu holen und sich innerlich zu distanzieren. Eine Pause machen. Und dann fällt mir die Jahreslosung wieder ein, die mich auf den Boden der Menschlichkeit zurückholt:

„Seid barmherzig wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist!“ (Lukas 6,36)

Auch unsere regierenden Politiker sind keine Übermenschen, die immer alles richtig machen. Ich finde es mutig, wenn man die Größe besitzt und sich für Fehler entschuldigt. Sicher, manches hätte man besser machen können, aber das Virus entwickelt sich nicht immer so planbar. Und wenn wir ehrlich sind, möchte zurzeit wohl niemand von uns mit den Regierenden tauschen. Wir sollten uns klarmachen, dass wir in Deutschland immer noch auf einem hohen Niveau klagen. In vielen Ländern der sogenannten Dritten Welt hat man es sich zum Ziel erklärt, bis zum Jahresende 20 % der Bevölkerung zu impfen. Wir können die Krise nur in der globalen Gemeinschaft bewältigen und nicht, wenn jedes Land versucht für sich den meisten Impfstoff zu sichern.

Für mich fühlt sich die Krise gerade so an, wie ein Langstreckenlauf. Ich gebe zu, das liegt mir nicht so. Ich mag eher die kürzeren Distanzen. Wenn man für ein Problem möglichst schnell eine Lösung findet. In der Bibel lese ich: „Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist, und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens, der obwohl er hätte Freude haben können, das Kreuz erduldete“ (Hebr 12,1-2). Unsere Geduld und Ausdauer sind gefragt, gerade jetzt, wenn es anstrengend ist. An Karfreitag denken wir daran, dass Jesus für sich auch nicht den bequemsten Weg ausgewählt, sondern freiwillig das Kreuz auf sich genommen hat. Bevor es Ostern werden konnte, musste er erst einmal seinen Weg vollenden, der ihm alles abverlangt hat. Aber schließlich hat er das Ziel erreicht: Der Herr ist auferstanden!

An Karfreitag und Ostern werden wir daran erinnert, dass unser Glaubensweg streckenweise ein richtiger Langstreckenlauf ist, wo man nur mit Beharrlichkeit und Geduld ans Ziel kommt. Es gibt verschiedene Etappen und manchmal muss man auch mal eine Pause einlegen, um wieder neue Kraft zu schöpfen. Wie gut, dass wir diesen Lauf nicht allein bewältigen müssen, sondern zusammen mit anderen in der Gemeinde, die Ähnliches erleben. Und wir laufen mit Christus. Er hat diesen Weg mit uns begonnen, er wird uns auch die Kraft geben, mit ihm das Ziel zu erreichen.

Ich wünsche Ihnen trotz aller Einschränkungen ein gesegnetes und fröhliches Osterfest!

Ihr Pfarrer Christian Brandt